Steilster Weinberg Deutschlands – Der Calmont
Ein Artikel in der Rheinischen Post hat mich auf den steilsten Weinberg Deutschlands aufmerksam gemacht (TÜLLMANN 2004). Schön archiviert im Ordner „Ausflugsziele“ fristete nun der Artikel sein Dasein. Zwischendurch wurde er wiederentdeckt und dann reifte der Plan. Dazu ergab sich die günstige Konstellation, dass sich mein Bruder in der näheren Umgebung niedergelassen hat. Die Umsetzung erfolgte dann im Mai. Die erste gemeinsame Unternehmung seit Verlassen des Elternhauses ohne Anhang sollte diese Exkursion sein. Die Wetteraussichten waren für diesen Tag alles andere als gut. Erst gegen Mittag sank die Regenwahrscheinlichkeit auf 30%. Diese Aussage eines Internet Wetteranbieters ließ die Hoffnung aufkeimen, die Planung tatsächlich umzusetzen. So fuhren wir dann gemütlich ins Städtchen Bremm an der Mosel. Von dem Parkplatz im Zentrum, der direkt links neben der Durchgangsstraße liegt weist die Beschilderung den Weg. Hinter der Kirche folgt der zunächst gemächliche Anstieg bis zum Beginn des Klettersteigs. Der Beginn des Klettersteigs wird durch eine steil emporragende Treppe markant in Szene gesetzt. Dort befindet sich auch eine Hinweistafel auf die möglichen Unbillen, die den Wanderer in der Folge erwarten können. Die eingehende Begutachtung der Szenerie löste bei meinem Bruder doch eine gewisse Skepsis ob der nun auf ihn zukommenden Strapazen aus, wobei er sich plötzlich nicht mehr ganz sicher über seine Schwindelfreiheit war. Auch die Steilheit der Treppe und die Anmerkungen auf der Hinweistafel, dass dieser kommende Pfad nur für geübte Wanderer begehbar sei, verursachte doch eine gewisse Unsicherheit. Nach einigen Bemühungen konnte ich ihn jedoch zu einem Versuch überreden. Dabei war ich nie im Zweifel darüber, dass er die Tour aufgrund seiner Physis nicht schaffen könnte. Gleich zu Beginn standen beidseitig des Weges schöne Echium vulgare Bestände, ein Zeichen für trockene Böden. Der Weg schlängelt sich auf der Hälfte des Hanges durch die Weinberge. Ein Gelände war eingezäunt, damit die frischen Setzlinge der Reben nicht angefressen werden. Angesichts der Steilheit des Geländes ist es unvorstellbar, dass auch Wildschweine und Rehwild bis in diese Lage vordringen können. Während des Weges gibt es zu verschiedenen Themen sehr informative Infotafeln, ob über die weithin sichtbare Ruine des Klosters Stuben auf der anderen Moselseite, oder die Landschaft bis hin zu Kultursplittern und der Entstehung einer neuen Pflanzung wird alles dargestellt. Zwischendrin gibt es dazu zahlreiche Rastplätze, die mit viel Liebe gestaltet wurden.
Die weitere Wanderung wurde durch zahlreiche Puppen des Baldrian-Scheckenfalters (Melitaea diamina) begleitet, die an einer Trockenmauer einen offensichtlich opitmalen Standort gefunden hatten. Aber auch zahlreiche Wanzen, Käfer, Flechten zeigten sich. Floristisch äußerst wertvoll war sicherlich der Fund einer Orobanche Art, die wir jedoch noch nicht einordnen konnten. Aber auch der Fund des Schwarzen Bärs (Arctia villica), eines wunderschönen Falters zeigt den hohen Wert dieses Biotopes. Die Faszination liegt eigentlich darin, dass man nach jeder Biegung und Veränderung des Weges neue Ausblicke in die Landschaft erhaschen kann, die das Herz förmlich höher schlagen lassen. Ab und zu haben wir dann auch schon mal fragend den weiteren Weg suchen müssen und uns über in den Fels geschlagene Leitern fortbewegen müssen. Zum Schluß des Weges nach fast 3 km Länge kommt noch einmal eine Treppe aus in den Fels geschlagenen Eisen, die dem Wanderer aus Richtung Ediger-Eller signalisieren soll, dass hier eine etwas anspruchsvollere Wanderstrecke zu erwarten ist. Vom Ende des Klettersteigs muß man etwa noch eine halbe Stunde gemütlich bis Ediger-Eller bergab wandern. Man kann aber auch noch einen anderen Weg zu einem Aussichtspunkt wählen. Für den reinen Wanderweg haben wir etwa 4 Std. mit zahlreichen Unterbrechungen benötigt. Bei schönem Wetter würde ich aber jedem Wanderer zu einer Weinprobe mit leckerem Baguette auf einem der Rastplätze raten, so dass die Wanderung dann als Tageswanderung ausgeführt werden kann.
Von Ediger Eller aus wanderten wir auf die andere Straßenseite direkt auf den Moselwanderweg, der direkt am Ufer entlangführt. Er ist leider asphaltiert und nicht so schön romantisch, dafür entschädigt aber die Aussicht auf den schönen Calmont und die Mosel. Auf dem Fußmarsch zurück nach Bremm begegnete uns dann doch tatsächlich noch der Segelfalter, ein sicherlich sehr seltener Anblick, so dass wir dort noch ein wenig Verharren mussten, um ihn auf Zelluloid zu bannen. Für den Rückweg nach Bremm benötigten wir nur etwa 20 min (trotz Unterbrechung). In Bremm, wie auch in Ediger Eller kann man sich nach der Wanderung die Weine in den zahlreichen Gaststätten auf der Zunge zergehen lassen. Für mich war es ein außergewöhnlicher Ausflug. An dieser Stelle noch einmal vielen Dank an den Alpenverein vor Ort, der diesen Wanderweg entwickelt und umgesetzt hat. Diejenigen, die den Klettersteig nicht ausprobieren wollen, können auf einen Wanderweg ausweichen, der sich auch nach Ediger Eller führt aber auf dem Plateau entlangführt.
Weitere Infos unter www.calmont-mosel.de oder Verkehrsamt Ediger-Eller, tel. 02675-1344.
Literatur:
TÜLLMANN, C.-H. (2004): Am Drahtseil durch die Reben. Rheinische Post 9.10.04, R3.